Kethorn: „Was mit den Landwirten in der BSE-Krise passiert, das ist eine Riesenschweinerei",

24. Februar 2001

Artikel der Grafschafter Nachrichten vom 24.02.2001

„Was mit den Landwirten in der BSE-Krise passiert, das ist eine Riesenschweinerei", rief der CDU-Kreisvorsitzende Friedrich Kethorn am Donnerstagabend den gut 120 Landwirten im Hotel Rammelkamp zu, die sich über die Perspektiven für den ländlichen Raum informieren wollten. Da war dem Landtagsabgeordneten, selber Landwirt, der Beifall natürlich sicher.

Von Detlef Kuhn / Nordhorn. Ansonsten herrschte vor allem Betroffenheit im Saal, zumal nicht wenige Landwirte sich auch Sorgen machen, dass der Maul- und Klauenseuche nicht aus England herüberschwappt. Nach dreistündigen Referaten und Vorträgen waren zwar längst noch nicht alle Fragen geklärt, aber zumindest war man sich einig, dass es jetzt den Blick nach vorn zu richten gilt, obwohl die Wunden, die vor allem die Politik den Landwirten in den vergangenen Wochen zugefügt hat, noch längst nicht verheilt sind.
Eine ideologisch motivierte Verteufelung der Landwirtschaft kann nach Meinung von Friedrich Kethorn nicht der Weg sein. Es sei Unsinn, so zu tun, als sei die konventionelle die böse Landwirtschaft und die ökologische die gute. Der Präsident der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Friedrich Scholten, forderte, die Probleme mit etwas weniger Hysterie anzugehen. Rationale Argumente hätten vor allem in den ersten Wochen der BSE-Krise keine Chance gehabt. Der Fachbereichsleiter Tiergesundheit bei der Landwirtschaftskammer in Oldenburger, Dr. Friedrich Delbeck, zeigte sich sogar zutief geschockt, wie die Medien mit diesem sensiblen Thema umgegangen sind. Mehr Sachlichkeit hätte möglicherweise erst gar keine BSE-Hysterie aufkommen lassen. Eine ideologische Diskussion verniedlicht nach Meinung von Friedrich Scholten nur das riesige BSE-Problem. Als Beispiel nannte er die Schweiz, die ein tiefgehendes BSE-Problem hat: Dort aber haben die Betriebe im Durchschnitt 14 Tiere, was genau der Idealvorstellung der neuen deutschen Agrarpolitik entspreche. Auch für Friedrich Delbeck sind die Zahlen aus der Schweiz ein Beleg dafür, das BSE keine Folge der Massentierhaltung ist.
Ganz offenbar zu blauäugig hat Deutschland nach Ansicht von Friedrich Kethorn auf die BSE-Krise in anderen Ländern reagiert. Das gelte für die neue wie auch für die alte Bundesregierung. Jetzt gehe es darum, den landwirtschaftlichen und den fleischverarbeitenden Betrieben finanziell zu helfen, denn sonst sei der ländliche Raum in einigen Jahren nicht wiederzuerkennen. Denn vor allem die Bauern, die sich spezialisiert hätten, kämpften um ihre Existenz. Das könne man sich ausrechnen, weil der Verlust je Bulle zwischen 800 und 1000 Mark liegen würde. Und mit 50 Bullen könnte man sich kaum über Wasser halten. „Wie lange sollen Landwirte durchhalten bei sechsstelligen Verlusten?" fragte Kethorn.
Der Landtagsabgeordnete hält die von der Niedersächsischen Landesregierung als Soforthilfe zur Verfügung gestellten zehn Millionen Mark für nicht diskutierenswert. Umgerechnet bedeutete das 200 Mark pro landwirtschaftlichem Betrieb. Die CDU-Fraktion will in der nächsten Woche einen Antrag im Parlament einbringen, das eine Hilfe in Höhe von 120 Millionen Mark vorsieht. Allein 70 Millionen Mark davon sollen für ein Existenzsicherungsprogramm zur Verfügung stehen, vorgesehen ist dabei eine maximale Zuschusshöhe pro Betrieb von 50000 Mark. Finanziert werden soll außerdem ein Liquiditätshilfeprogramm. Mit diesem Geld sollen zinsgünstige Kredite vergeben werden. Außerdem dürften die Betriebe nicht auf den Kosten für die BSE-Schnelltest hängen bleiben.
Kreisveterinär Dr. Volker Stoppenhagen geht davon aus, dass frühestens an diesem Wochenende aus Tübingen das Ergebnis des dritten Tests vorliegt, der den BSE-Verdacht bei einem Tier aus Laar klären soll. Bei Gesprächen am Donnerstag hatte man ihm mitgeteilt, die Prüfung dauere zwei bis vier Tage. Der Krisenstab aus Verwaltung, Veterinärabteilung, Polizei, Zuchtorganisation, Molkerei und Landvolk sei vorbereitet, falls tatsächlich alle 94 Tiere getötet werden müssten. Stoppenhagen benannte auch das Dilemma eines jeden Landwirts: „Beim neuen Aufstallen muss jeder landwirtschaftliche Betrieb damit leben, dass es keine sicher BSE-frei Herde gibt."

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